Evangelium kommt vom griechischen Wort euangelion und bedeutet "Frohe Botschaft" oder "Gute Nachricht". Unter diesem Begriff fasst man die frühchristlichen Schriften zusammen, die von Leben und Lehre des Jesus von Nazareth erzählen. In der Bibel finden sich die Evangelien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Sie sind die ersten vier Bücher und gleichzeitig ein zentraler Bestandteil des Neuen Testaments. Außer diesen vier sind einige weitere, so genannte apokryphe Evangelien überliefert, die jedoch nicht in den neutestamentlichen Kanon aufgenommen wurden - also nicht zu den maßgeblichen Schriften zählen, die die Bibel bilden.
Die neutestamentlichen Evangelien setzen bei der Ankündigung von Jesu Geburt ein, erzählen von den Ereignissen rund um die Geburt (also rund um Weihnachten) und von einigen Episoden aus Jesu Kindheit. Im Wesentlichen konzentrieren sie sich aber auf die Jahre um etwa 30 n. Chr. In dieser Zeit lehrte Jesus, selbst Jude, als Wanderprediger, heilte Kranke und wirkte Wunder. Immer deutlicher wurde sein Anspruch, Sohn Gottes und mit göttlichen Vollmachten ausgestattet zu sein. Dadurch zog er den Zorn vieler Zeitgenossen auf sich und wurde schließlich auf Geheiß des römischen Statthalters in Jerusalem, Pontius Pilatus, hingerichtet. Alle vier Evangelien berichten, dass Jesus an Ostern von den Toten auferstand und noch mehrmals seinen Jüngern begegnete, bevor er gen Himmel fuhr.
Matthäus, Markus, Lukas und Johannes erzählen dabei im Wesentlichen die selbe Geschichte. Sie sehen die Geschehnisse jedoch aus unterschiedlichem Blickwinkel, schreiben für unterschiedliche Leserschaften, setzen unterschiedliche Akzente und ordnen die Ereignisse teilweise eher nach pädagogischen und theologischen Gesichtspunkten als in der exakten historischen Reihenfolge. Die Evangelien unterscheiden sich also im Detail und ergänzen sich gegenseitig.
Gott ist der Schöpfer der Erde und von uns Menschen - und er ist seinen Geschöpfen in Liebe zugewandt. Diese Erfahrung hat das Volk Israel über Jahrhunderte hinweg immer wieder gemacht; sie spiegelt sich im Alten Testament.
Mit dem Auftreten Jesu, wie es die Evangelien bezeugen, beginnt jedoch ein ganz neues Kapitel in der Geschichte Gottes mit den Menschen:
Während in der vorchristlichen Zeit Israel das auserwählte Volk war, mit dem Gott einen besonderen Bund geschlossen hatte, so wurde durch Jesu Leben und Wirken Gottes Heilswille für alle Menschen und Völker deutlich.
Jesus ist mehr als ein Lehrer oder Prophet: Seine Jünger erkennen in ihm den Christus, den Gesalbten, den erwarteten Messias (Christos ist die griechische Übersetzung des hebräischen Wortes Messias). In Jesus ist Gott selbst Mensch geworden! Aus Liebe hat sich Gott in die Niederungen menschlichen Daseins begeben, um unsere Nähe zu suchen und sich verständlich zu machen.
Gott ist in Jesus sogar bis in den Tod gegangen, um uns Menschen mit sich zu versöhnen. Vor dem Hintergrund jüdischer Opferbräuche wird in Jesu Kreuzestod ganz deutlich, dass Gott die Hindernisse zwischen ihm und uns ein für allemal aus dem Weg räumt. In der Auferstehung wird sein Sieg über Sünde und Tod deutlich, und uns will er in das neue, ewige Leben mit hineinnehmen. Mit anderen Worten: Jesu Tod und Auferstehung schaffen die Voraussetzungen, damit wir neue Menschen werden. Menschen, die in vertrauensvoller Beziehung mit Gott leben - statt in Selbstsucht gefangen, in Sinnlosigkeit zerrissen, dem Tod ausgeliefert zu sein.
Der Text des Evangeliums enthält keinen direkten Hinweis auf den Verfasser. Historischen Belegen zufolge wird das Evangelium jedoch seit dem 2. Jahrhundert Lukas zugeschrieben, einem Arzt und Mitarbeiter des Apostels Paulus. Seither wird das Evangelium auch entsprechend betitelt: als "Evangelium nach Lukas" oder "Lukas-Evangelium". Dieser Lukas wiederum wird in anderen neutestamentlichen Schriften erwähnt: im Brief an die Kolosser, im Zweiten Brief an Timotheus und im Brief an Philemon.
Lukas ist auch Autor der Apostelgeschichte, die im Neuen Testament an die vier Evangelien anschließt und eine Fortsetzung seines Evangeliums darstellt: Sie handelt von der Zeit nach der Auferstehung Jesu, also von der Geschichte der ersten Christen.
Über die Frage, wann genau das Lukas-Evangelium und die Apostelgeschichte verfasst wurden, streiten die Gelehrten - die Datierungen reichen von etwa 60 bis 90 n. Chr.
Lukas wird als der "Historiker" unter den Evangelisten bezeichnet. Selbst kein Augenzeuge, recherchiert er möglichst genau die Aussagen derer, die Jesus selbst gesehen und erlebt haben. Das geht aus dem Vorwort hervor, mit dem Lukas nach Art griechischer Geschichtsschreiber sein Evangelium beginnt: Ein kurzer Begleitbrief an denjenigen, dem das Werk gewidmet ist. Theophilus, eine vermutlich hoch stehende Persönlichkeit, soll sich anhand von Lukas' Bericht davon überzeugen, dass alles, was er bisher von Jesus gehört hat, wahr ist.
Das Lukas-Evangelium ist deshalb ausführlich, detailgetreu und sachlich. Es enthält Einzelheiten, die in den anderen Evangelien nicht zu finden sind - etwa die bekannte Weihnachtsgeschichte (Kapitel 2). Lukas ist selbst kein Jude. Er wendet sich vor allem an nichtjüdische Leser und ordnet die Geschehnisse in die damalige politische Lage ein. Besonders betont er Jesus als den Retter und Heiland der Armen, Verachteten, Diskriminierten und der vor Gott und den Menschen schuldig Gewordenen (vgl. Kapitel 15).
Gemessen am Gesamtumfang der Bibel macht das Lukasevangelium nur einen kleinen Teil aus (unter fünf Prozent). Inhaltlich nimmt es aber eine zentrale Stellung ein und eignet sich somit gut als Einstiegslektüre.